Hallo Irene,
Danke, dass du dich meines Rätsels angenommen hast! Kurz und bündig – du hast Recht,
gratuliere, Rätsel gelöst.
Ich möchte kurz erläutern, welche Vogel-Bestimmungs-Algorithmen mir da zugefallen sind. Die Recherche ist ja nicht ganz leicht, weil die vorliegende Literatur sich auf Nordamerikanische Arten bezieht (M. Elbroch & E. Marks: Birds Tracks & Signs) oder einfach fehlerhaft ist (Brown, Ferguson et al.: Federn, Spuren & Zeichen). Leider ist auch der neue Vogelspurenfühler aus dem AULA-Verlag (Bergmann H.H. & S. Klaus: Spuren und Zeichen der Vögel Mitteleuropas) – ich sage das einmal so- überraschend schlecht und wenig brauchbar. Die sonstige ornithologische Fachliteratur bezieht Fußspuren kaum ein.
Also
Schritt 1, grundsätzliche Unterscheidung (grob nach Elbroch)
• „klassischer Vogelfuß“
3 nach vorne, Hallux lang du relativ gerade nach hinten
• Schwimmhäute
klingt einfach – manchmal sind diese aber nicht sichtbar (zB bei Enten)
• „Gamebird“-Füße
Hallux stark reduziert (weil fehlt oder sehr hoch steht), +- sichtbar und nach innen gewinkelt
[nB.: Ich hasse den Terminus „Gamebirds“
Was für ein schrecklicher Zugang zur Natur, andere Lebewesen als Spielmasse zu sehen, deren Existenz sich darin gründet, von bestimmten Menschen als Zielscheibe missbraucht zu werden …]
• Zygomorphe Füße
2 vorne 2 hinten (v.a. Eulen, Spechte)
Schritt 2
Der Rätselvogel ist somit wohl ein „Gamebird“
Die Gruppe der Gamebirds kann man jetzt wieder aufteilen:
• deutliche (Inter) Phalangial- Ballen (zT sehr groß)
das sind Hühnen (bei und v.a. Fasan), Rallen, Kranich, Störche
• keine (Inter) Phalangial- Ballen
= Limikolen = Watvögel
Schritt 3
Der Rätselvogel ist somit wohl eine Limikole / Watvogel
Elbroch unterscheidet hier (mE sehr zielführend) in den
• „Plover-Typ“ (Regenpfeifer, Kiebitze)
Hallux fehlt, MT(Metatrasalraum) meist nicht abgedrückt
die Zehenballen relativ dick und dreieckig
• Tringa-Arten und Schnepfen
Hallux und MT meist abgedrückt,
ZB sehr schmal und parallel randig
Schritt 4
Der Rätselvogel ist somit wohl ein „Plover-Typ“ = Regenpfeifer / Kiebitz
• Die Länge ist < 3cm (Messung ohne Hallux – das kann missverständlich gegenüber den klassischen Typen sein)
• da kommen in Mitteleuropa nur Fluss-, Sand- und Seeregenpfeifer in Betracht
Seeregenpfeifer ist eine „Salzart“, Sandregenpfeifer wäre vielleicht etwas größer (eher an der Küste)
ja es ist ein
Flussregenpfeifer
Schlussbetrachtung
• Größe und Form der TS, sowie das Habitat machen es möglich, den Vogel aufgrund der Spur mit großer Sicherheit zu bestimmen.
• Im Elbroch ist die äquivalente Spur „killdeer“ – also der dortige Spitzschwanzregenpfeifer
• Ein zusätzliches Merkmal ist das Gangbild, das im Englischen „duck-toed“ genannt wird – also sichelfüßig / einwärts gekehrt (Tringa-Arten oder Schnepfen gehen recht geradlinig ohne „pitch“.)
Als Differenzialdiagnostik erwähnst du noch den Flußuferläufer (auch die Zwergschnepfe hätte TS < 3cm)
• beide Vögel zeigen den Hallux, sowie den MT-Raum im TS
und haben schlank parallel randige Zehen
• Masse (nach eigenen Recherchen:
Flußregenpfeifer: 2,5 x 2,9cm (durchschnittliche L x

Flußuferläufer: 2,4 x 2,8cm
Zwergschnepfe: 2,7 x 2,9
Als Anschauungsmaterial hänge ich 2 Bilder dieser Arten an, die auch im selben Areal vorkommen (Die Zwergschnepfe ist allerdings vom Winter)
Nebenbei:
die „klassische“ Vogelspur in Bild 1 unten ist eine Bachstelze